Page 52 - Landinfo Heft 1/2019 - Schwerpunkt Staatsschule für Gartenbau
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Gartenbau und Sonderkulturen





                                   oder andere Denkanstoß für die Anpassung   stimmten Region ist (z.B. Languedoc-Roussil-
                                   des württembergischen Weinbaus gegeben:   lon in Südfrankreich), desto lauter ist der Ruf
                                                                            nach einer liberalen Anpassungsstrategie.

                                   Österreich
                                   Norbert Holler vom Landesweingut Silber-  Rebschutz vor neuen Fragestellungen
          Abbildung 2: Rebfläche   berg in Österreich erläuterte, dass in der Stei-
          Moldawien, MADRM/RVV/BNS
                                   ermark beinahe ausschließlich Weißwein pro-  Das wiederholt in Württemberg gefundene
                                   duziert wird. Die Sorte Blauer Wildbacher   Grauburgundervirus hat zwar keine Bedeu-
                                   wird ausschließlich zu Rosé verarbeitet. Über   tung in der Fläche, dennoch beobachtet die
                                   2/3 der in Österreich konsumierten Weine   Wissenschaft  genau, wie sich Virosen aus-
                                   stammen aus dem Inland. Dieser hohe Anteil   breiten um vor einer unkontrollierten Aus-
                                   soll gehalten werden. Als Anpassung an das   breitung einzugreifen. Dr. Christoph Hoff-
                                   gestiegenen Wetterrisiko sind 40 % der Wein-  mann, Wissenschaftlicher Direktor des Julius-
                                   berge sind durch ein Hagelnetz geschützt.  Kühn-Instituts am Geilweilerhof, stellte das
                                                                            Thema Virus-Epidemiologie im Hinblick auf
                                                                            die Rebveredlung und den Rebschutz vor. Seit
                                   Moldawien                                einigen Jahren finden im Rahmen einer Dok-
                                   Arcadie Fosnea  vom Chateau Vartely in Mol-  torarbeit bundesweit Erhebungen zu den ein-
          Abbildung 3:             dawien berichtete, dass der Flächenrückgang   zelnen Virosen statt. Hier wurde eindeutig
          Anpassungsstrategien für den
          französoschen Weinbau, INRA   kontinuierlich  fortschreitet. Es existieren   festgestellt, dass die oftmals herdförmige
          France                   Schläge mit bis zu 500 ha, jedoch entsteht   Ausbreitung mit dem Vorkommen von
                                   eine kleinbäuerliche Szene, die gezielt auf Ni-  Schmierläusen korreliert. Die Einschleppung
                                   schenmärkte setzt. Das Ausbildungssystem   über virusverseuchtes Pflanzgut muss auch in
                                   ist stark veraltet. Folge ist ein Mangel an qua-  der Zukunft streng überwacht werden. Ein
                                   lifizierten Fach- und Arbeitskräften.    weiterer Schwerpunkt lag auf einer großen
                                                                            weinbaulichen Fragestellung des vorletzten
                                                                            Jahrhunderts: Dr. Michael Breuer vom Staat-
                                   Frankreich                               lichen Weinbauinstitut Freiburg (WBI) stellte
                                   Der Weinbau in unserem Nachbarland Frank-  in seinem Vortrag die Frage: Ist die Reblaus
                                   reich wurde Eric Meistermann, Institut Fran-  auf dem Vormarsch? Hierzu wird die Biolo-
                                   çais de la Vigne et du Vin in Colmar vorge-  gie der Reblaus anhand ihrer unterschiedli-
                                   stellt. Der französische Wein wird aktuell in   chen Biotypen genau analysiert, um weitere
                                   drei Qualitätsstufen vermarktet:         Rückschlüsse über das Gefährdungspotential
                                                                            ziehen zu können.
                                   •  Weine ohne Herkunftsangabe (8 %) = Vin
                                     de France (kein g.U./g.g.A.).          In Württemberg arbeitet Tabea Ramsch zu-
                                                                            sammen mit Dr. Manuel Becker an der Opti-
                                   •  Weine mit Herkunftsangabe (28 %) = Indi-  mierung und Weiterentwicklung der Spritz-
                                     cation Géographique Protégée. Es existie-  drohnen für den Steillagenweinbau. Vor dem
                                     ren 74  verschiedene  IGP, dies  entspricht   Hintergrund der Diskussion um Herbizide
                                     einem g.g.A.                           und steigende Löhne, ist es absolut notwen-
                                                                            dig, hier durch eine praktikable und bezahlba-
                                   •  Appellation Weine (64 %) = Appellation   re Lösung auch weiterhin die für unseren
                                     d’Origine Contrôlée/Protégée. Es existie-  Weinbau typischen Steillagen zu erhalten. Ab-
                                     ren 363 verschiedene AOC, dies entspricht   schließend stellte Karl Bleyer die diesjährigen
                                     dem deutschen g.U. (z.B. Württemberg).  Versuche der LVWO vor und integrierte die
                                                                            Neuerungen in eine Praxisempfehlung. Beim
                                   In Frankreich wurde über eine Studie ermit-  Dosiermodell für Pflanzenschutzmittel wird
                                   telt, welche Anpassungsstrategie für den   ab 2020 nicht wie gewohnt über Basisauf-
                                   Weinbau im Jahr 2050 von den einzelnen Re-  wand und Entwicklungsstand der Rebe do-
                                   gionen bevorzugt wird. Die Befragung bein-  siert, sondern nach der tatsächlichen Laub-
          David Endreß             haltete die Regulierung der Produktion, sowie   wandfläche. So kann entsprechend der Erzie-
          RP Stuttgart, Ref 33w    die Verschiebung bestehender Weinlagen und   hung, der Zeilenbreite, des Bewirtschaftungs-
          Tel.: 0711/904-13312     die hiermit verbundene Anpassung der Wein-  verfahrens und vor allem der Schnittform die
          david.endress@rps.bwl.de  stile. Ein Ergebnis lautet: Je deutlicher der   Menge des notwendigen Aufwands noch ex-
                                   Rückgang  von  Anbauflächen  in  einer  be-  akter bestimmt werden.  



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