Die Gerstenbilanz in der Saison 2021/22 präsentierte sich nach Zahlen des USDA
(US-amerikanisches Agrarministerium) mit einer weltweiten Erzeugung von 145,5 Mio.t leicht defizitär. Die Bestände fielen um 2,7
Mio.t auf 18,1 Mio.t zurück. Auch europäisch wurde mit 51,4 Mio.t nur ein knapp unterdurchschnittliches Ergebnis (Ø 5 Jahre:
52,3) eingefahren. Gleiches galt für die deutsche Gerstenernte. Besonders eng war in der EU und in Deutschland in der Saison 2021/22
die Versorgung mit Sommergerste bzw. Braugerste. Der Anbau von Sommergerste war in einigen wichtigen Regionen deutlich eingeschränkt
worden. So wurde nach Zahlen von Coceral die Sommergerstenfläche in Frankreich von 795 Tsd. ha um minus 30% auf knapp 540 Tsd. ha
reduziert. Auch in Deutschland (299 Tsd. ha; Vorjahr 363), Dänemark (390 Tsd. ha; Vorjahr: 550) und Großbritannien (775 Tsd. ha;
Vorjahr: 1.090) stand weniger Sommergerste auf dem Halm. Mit Blick auf das aktuelle Getreidejahr 2022/23 lässt sich folgendes
festhalten. Die weltweite Erntemenge an Gerste soll mit 149 Mio.t etwas besser als im Vorjahr, in Summe aber erneut schwach ausfallen. In
Europa wird die Gerstenernte laut Novemberschätzung der EU-Kommission gerade mal auf 51,6 Mio.t taxiert. In Deutschland hingegen soll
das Ergebnis nach ersten Daten des Statistischen Bundesamtes mit 11,3 Mio.t über dem Vorjahr (10,4) und dem 5-Jahresmittel von 10,7
Mio.t liegen. Die Sommergerstenernte, und hier insbesondere die Braugerste, fiel entgegen erster Befürchtungen sowohl europäisch
als auch in Deutschland besser aus als erwartet. In Frankreich wird ein Exportüberschuss an Braugerste von 1,5 bis 1,7 Mio.t gesehen,
in Dänemark sind es 0,9 Mio.t, Tschechien 0,4 Mio.t und Großbritannien ebenfalls 0,4 Mio.t. Der Braugerstenernte in Europa wird
eine Reichweite von rund 13 Monaten zugeschrieben, so dass man trotz der Tatsache, dass man ohne Überhang ins Braugerstenjahr 2022/23
gegangen ist, die Ware reichen dürfte. Allerdings muss anschließend wieder eine zügige Ernte 2023 stehen. Braugerste
erzielte in der Saison 2021/22 zunächst ex-Ernte Erzeugerpreise um 20 bis 22,- €/dt. Unter dem Eindruck der besonders engen
Versorgung mit Braugerste in der vergangenen Saison in Europa stiegen die Erzeugerpreise im 3. und 4. Quartal rasch an. Zum Jahreswechsel
2021/22 konnten bereits Erzeugerpreise um 35 bis36,- €/dt erzielt werden. Der Abstand zur Futtergerste war auf 12,- €/dt
angestiegen! Mit dem 24.Februar 2022, dem Tag des Einmarsches russischer Truppen in die Ukraine veränderte sich die Welt – und
auch die Getreidemärkte. Binnen weniger Wochen konnte Braugerste frei Erfasser 40,-€/dt und mehr erzielen. Erst mit Blick auf
die neue Ernte 2022 gaben die Preise wieder nach, wobei die Knappheit an Ware den Preisrückgang eng begrenzte. Braugerste brachte im
Tief in KW31 im Süden noch Erzeugerpreise um 34,50 €/dt. Aktuell in KW 47 werden Erzeugerpreise um 35,50 €/dt im
Süden Deutschlands genannt. Vor dem Hintergrund der fundamentalen Daten wird Braugerste in 2022/23 zwar verfügbar sein, aber
weiter knapp bleiben. Vor allem die Mengen mit guter Qualität sind übersichtlich.